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Beim Slalom einfach geradeaus?

Im Rahmen eines Jugends-Skirennens in meinem Urlaubsort durfte ich vor vielen Jahrzehnten einmal miterleben, wie ein circa 6 jähriger Sportler hoch motiviert in den Slalombewerb startete, nach ein paar Toren jedoch schneller wurde, als er zu kontrollieren in der Lage war, und schließlich beschloss, in perfekter Abfahrtshocke den Hang hinunter ins Ziel zu flitzen. Natürlich mit absoluter Bestzeit!

Ich werde nie die herzige Reaktion des jungen Athleten vergessen, als ihm mitgeteilt wurde, dass er leider disqualifiziert sei. „Aber wieso, ich war doch der Schnellste!?“ An diese Anekdote muss ich immer denken, wenn heute jemand die Regeln bricht und nicht einsehen will, dass das so für die anderen nicht hinnehmbar ist. Denn mit dem Philosophen Immanuel Kant muss man sich gemäß seinem kategorischen Imperativ immer fragen: Was passiert, wenn es alle so machen?

Beim eingangs erwähnten Bewerb dürfte das offensichtlich sein: Natürlich ist man schneller als alle anderen, wenn man statt in Bögen um die Tore herum einfach geradeaus runterfährt. Würde dies nicht zur Aberkennung der vermeintlichen Bestzeit führen, wären schließlich alle TeilnehmerInnen gezwungen, es auch so zu machen, und der Vorteil für den Einzelnen wäre wieder dahin. Damit wird aber gleich auch die Disziplin Slalom sinnlos, weil alle nur mehr Abfahrt fahren würden. Auch das Spiel „Mensch ärgere dich nicht“ wäre weit weniger unterhaltsam, dürfte man vom Start aus direkt ins Ziel fahren, ohne den langen Parcours rund um das Spielfeld nehmen zu müssen. Und es wäre auch sehr schnell zu Ende, was ja nicht Sinn und Zweck eines Gesellschaftsspiels ist. Übergroßer Ehrgeiz und Vorteilstreben trüben aber gelegentlich den Blick für das große Ganze, nicht bloß bei Populisten mit ihrem Hang zu einfachen „Lösungen“.

Heutzutage wird viel vom Umweltschutz gesprochen, welche Welt wir den nachfolgenden Generationen hinterlassen. Das ist natürlich vollkommen berechtigt! Aber wir sollten nicht vergessen, dass wir Menschen nicht nur eine intakte Natur in einem habitablen Klima brauchen, um glücklich leben zu können. Auch unsere Rechtsordnung, die sich über die Jahrtausende entwickelt hat, gewährt uns ein friedliches Zusammenleben. Es wäre fatal, würde sich wieder das Recht des Stärkeren durchsetzen, denn wir wären der Willkür von Soziopathen (wieder) schutzlos ausgesetzt.

Aber wie sehen die aktuellen Entwicklungen weltweit aus? Kleptokraten und Egomanen nehmen sich, was sie wollen, und die Weltgemeinschaft schaut zögerlich hadernd zu. Wo kämen wir gemäß Kant hin, wenn sich jeder Staatenführer einfach einen historisch günstigen Zeitpunkt aussucht, wo seine Heimat die größtmögliche Ausdehnung hatte, und glaubt das Recht zu haben, sich dieses gewünschte Territorium wieder unter den Nagel zu reißen? Das geht sich logischerweise nicht aus ohne Krieg. Man stelle sich vor, Österreich wollte seine Kronländer zurückhaben, Frankreich die von Napoleon eroberten Gebiete und die Italiener ihr römisches Reich. Diese Ansprüche sind einfach unvereinbar und daher völlig unrealistisch.

Hier sind neben sämtlichen JuristInnen alle vernunftbegabten Menschen gefordert, für einen fairen Interessensausgleich zwischen den unterschiedlichsten (und oft ein wenig kindisch-egoistisch anmutenden) Bedürfnissen auch der „großen Staatsmänner“ zu sorgen, die auch gerne mal wie unreife Teenager ausprobieren, wie weit sie gehen können mit ihren Ankündigungen (und später vielleicht auch (Un)Taten). Diesen uneinsichtigen Typen muss man notfalls klar die Grenzen des (internationalen) Rechts aufzuzeigen, dessen Verletzung nicht ohne Sanktionen bleiben darf, will man den künftigen Generationen nicht eine chaotische Welt ohne jeglichen Rechtsschutz hinterlassen. Denn noch betrachten wir die Menschenrechte als Selbstverständlichkeit. Aber vergleichbar dem Klopapier gilt: den waren Wert bemerkt man oft erst, wenn alles futsch ist!

Für den Inhalt der Kolumne alleine verantwortlich: Mag. iur. Peter M. Zimmeter
Anregungen, Gegenargumente sowie allfällige Beschwerden bitte an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Geschrieben von Mag. iur. Peter M. Zimmeter am .

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