Baugenossenschaften strafrechtlich erziehen?
Manchmal wird man vermutlich einen Richter brauchen, im konkreten Fall etwa wenn sich eine "gemeinnützige" Baugenossenschaft nicht an die Gesetze hält und beharrlich weigert, ihren eigenen Werbeversprechungen Taten folgen zu lassen.
Nach außen hin bewirbt sie großartig, wie verantwortungsvoll, menschlich und zukunftsorientiert-nachhaltig man Wohnraum günstig anbietet, die Homepage geht fast über vor lauter vollmundigen Versprechungen, die das eigene Leitbild im Hochglanz präsentieren. Die Realität sieht leider diametral anders aus, wenn etwa eine junge Mieterin durch teilweise Verwendung billigster Materialien, etwa Außenjalousien aus Stoff, die schon bei normalem Wind zerreißen, jahrelang in einer ständig reparaturbedürftigen Wohnung vertröstet wird, im Sommer bei immerhin bis zu 35 Grad Hitze!
In Deutschland geht die jüngste Judikatur mittlerweile dazu über, den MieterInnen ein Recht auf Schutz vor sommerlicher Sonneneinstrahlung zuzubilligen. In Österreich scheint ein Anspruch auf brauchbare Außenjalousien zwar noch nicht generell zu bestehen. Trotzdem hat etwa Wiener Wohnen kürzlich über die Medien eine große Initiative diesbezüglich angekündigt, um Ihre MieterInnen vor den Folgen der zunehmenden Klimaerwärmung zu schützen. So geht menschlich, das ist zukunftsorientiert!
Anders die hier interessierende Genossenschaft: Sie stellt zwar außer Streit, dass das Vorhandensein von Außenjalousien im gegenständlichen Fall sogar Vertragsinhalt ist, weil bereits bei Errichtung des Gebäudes eingebaut. Konsequenterweise werden diese bei Beschädigung durch Umwelteinflüsse auf ihre Kosten repariert, was nur leider durchschnittlich ein halbes Jahr dauert, währenddessen zerrissene Stoffreste die Außenfassade zieren. Vielleicht will man Druck auf die MieterInnen aufbauen, die Jalousien nur bei absoluter Windstille zu verwenden, um sich dann nicht monatelang ärgern zu müssen, denn die ständige Reparatur der laut Wartungsfirma für diese Anwendung völlig ungeeigneten Jalousie geht natürlich langfristig ins Geld.
Das ABGB trifft auch ganz klare Regelungen zur Qualität von Gebrauchsgegenständen, wenn explizite Vereinbarungen im Vertrag etwa zur Qualität fehlen: die Sachen brauchen nicht luxuriös, sie dürfen schlicht, sie müssen aber brauchbar sein. Dazu ist die Genossenschaft somit verpflichtet, und nicht erst aufgrund einer zukünftigen Rechtsprechung, sondern basierend auf ihren bestehenden vertraglichen Verpflichtungen: die Außenjalousien müssen brauchbar sein, und zwar immer, auch über Nacht, in Abwesenheit, besonders wenn die Sonne scheint, und nicht bloß, wenn kein Wind geht.
Neulich sind bei Betätigung der Fernsteuerung plötzlich sogar Teile aus der Wand herausgefallen (wie heißen die chinesischen Billiganbieter, die mittlerweile sogar ganze Sofas um zehn Euro anbieten?). Dabei wurde das neue Fliegengitter der Mieterin zerfetzt. Nach monatelangem Warten hat die Genossenschaft schriftlich eine Veranlassung der Reparatur für das beschädigte Eigentum der Mieterin abgelehnt mit dem Hinweis, sie solle sich an ihre Haushaltsversicherung wenden. Merkwürdigerweise steht im Leitbild auf der Homepage rein gar nichts zum Thema "Abputzen"...
Man kann nur spekulieren, ob es Boni für die Erreichung interner Sparziele (oder gar "Vergütungen" für Auftragsvergaben an billigst-bietende Firmen und Beschwichtigungsschreiben an die eigenen MieterInnen) gibt, weshalb die Umsetzung des Leitbildes dann offensichtlich auf der Strecke bleibt. Diese Praxis sieht jedenfalls sehr nach gewerbsmäßigen Betrug aus, von gesundheitlichen Aspekten gar nicht erst zu reden. Wohnungen, die im Sommer selbst bei Nacht nicht mehr ausreichend abkühlen, stellen grundsätzlich sogar eine lebensbedrohliche Gefahr für die BewohnerInnen dar, und zwar nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht bloß für ältere respektive gesundheitlich geschwächte Personen!
Im konkreten Fall plane ich daher, zur Klärung und (gegebenenfalls) Erziehung der Verantwortlichen eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft einzubringen und im Rahmen dieser Kolumne weiter über die Causa zu berichten. Und als Jurist rate ich generell allen KonsumentInnen, die von Firmen benachteiligt werden und sich (mangels Rechtsschutzversicherung) keinen Anwalt leisten können: Gehen sie zu den Amtstagen beim Bezirksgericht, lassen sie sich beraten und bleiben sie bitte hartnäckig.
Nicht bloß internationale Unternehmen lukrieren enorme Gewinne dadurch, dass sie berechtigte Ansprüche ihrer KundInnen einfach abblocken, zum Teil mit haarsträubenden Ausreden. Wirtschaftspsychologen scheinen diese Strategie regelrecht zur Kunstform erhoben zu haben! (Zur Erinnerung: das ist die Berufsgruppe, der eingefallen ist, Süßigkeiten an der Supermarktkasse in Augenhöhe kleiner Kinder hinzuhängen, was zwar gemein, aber noch nicht strafbar sein dürfte...!)
Meiner Erfahrung nach lenken die Gauner nur ein, wenn ihnen unmittelbare juristische Nachteile drohen, weil es sich andernfalls für sie auszahlt, soweit zu gehen, wie wir KonsumentInnen (und JuristInnen) es ihnen durchgehen lassen.