
Kreuze im Klassenzimmer

Bei vielen Diskussionen heutzutage ist Streit vorprogrammiert, weil divergierende Bedürfnisse unerbittlich aufeinanderprallen. Bei einem Kongress der Grünen meldete sich neulich ein Delegierter mit der Forderung zu Wort, der Staat solle doch endlich das Aufhängen von Kreuzen in Klassenzimmern unterlassen, schließlich sei Österreich säkular.
Eine Gegenstimme warf die Frage auf, wie denn das mit dem neuen Postulat der Parteispitze zusammengehe, die Grünen sollten nicht nur in den Hörsälen verstanden werden, sondern auch an den Stammtischen. Dort hätten die Menschen aber Angst, die Grünen wollten ihnen ihre traditionell erworbenen Rechte wegnehmen, indem sie Ihnen jetzt auch noch ihre Kreuze verbieten.
Glücklicherweise können meines Erachtens beide grundsätzlich berechtigten Forderungen leicht unter einen Hut gebracht werden, wenn keine fundamentalistischen Befindlichkeiten einer salomonischen Lösung entgegenstehen.
Seit einigen Jahren werde ich von einer Volksschuldirektorin regelmäßig eingeladen, Kindern bei der Vorbereitung eines Konzertes zu helfen. Im Zuge dieser ehrenamtlichen Tätigkeit konnte ich feststellen, dass die SchülerInnen ihre Klassenzimmer sehr individuell gestalten, etwa selbst gezeichnete Bilder aufhängen.
Spricht etwas dagegen, wenn sie mit ihren LehrerInnen selbst das Erkennungszeichen ihrer (staatlich anerkannten) Religion gemeinsam im Unterricht an der Wand platzieren, um gleich auch etwas über die anderen zu lernen, zugunsten eines friedlichen Miteinanders und besseren gegenseitigen Verständnisses? Jedes Kind hat meines Erachtens das Recht, dass sein Glauben in dieser Art und Weise respektiert wird, egal ob es nun einer Mehrheit angehört oder vielleicht sogar einzigartig mit diesem Bekenntnis in der Klasse ist.
Eiferer auf beiden Seiten werden natürlich keine Freude mit meinem Vorschlag haben. Die einen wollen der katholischen Kirche weder die Kreuzzüge noch die Inquisition samt unfreundlichem Umgang mit WissenschaftlerInnen verzeihen, da können die heutigen Ordensspitäler noch so viele Unversicherte gratis behandelt oder die Caritas Müttern in Not, Flüchtlingen, SeniorInnen und Obdachlosen helfen.
Und selbst wenn man diese Leistungen, die unser Sozialstaat kaum zu finanzieren in der Lage wäre, grundsätzlich anerkennt, bleibt ja immer noch das Problem etwaiger Übergriffe gegenüber Kindern! Hier soll allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass laut wissenschaftlichen Studien die Wahrscheinlichkeit für einen solchen ekelhaften Missbrauch von Schutzbefohlenen in öffentlichen Schulen 100 Mal höher sein soll und bei keiner anderen Konfession so gering wie bei den Katholiken! Die öffentliche Wahrnehmung scheint allerdings eine diametral andere zu sein. Auch Vertuschung ist kein Alleinstellungsmerkmal der kirchlichen Würdenträger, wie erst kürzlich wieder ein Fall in einem Wiener Kindergarten gezeigt hat.
Auch auf Kirchenseite werden manche Dogmatiker nicht gerne in Anlehnung an Lessings Ringparabel auf den Vorrang des Kreuzes in den Klassenzimmern verzichten wollen, da Österreich ja traditionell (und gewohnheitsrechtlich / ortsüblicherweise) ein katholisches Land ist, weshalb sich die anderen gefälligst anpassen sollen. (Bei manchen scheint da schon noch ein bisschen der Trieb zur Revierverteidigung durchzukommen.) Und dass vielleicht eh die meisten Menschen an das selbe höhere Wesen glauben, aber dann halt anders nennen, könnte ja die pastorale Deutungshoheit samt "Exklusivität der Marke" untergraben. "Teufelszeug"... statt "Fürchtet euch nicht"...
Österreich kann zu Recht stolz darauf sein, dass bei uns die unterschiedlichsten Weltanschauungen, Prägungen und nicht zuletzt Religionen weitestgehend frei und friedlich zusammenleben können. Wenn das auch in Zukunft so bleiben soll, selbst falls sich die religiösen Mehrheitsverhältnisse einmal ändern sollten, wäre es schön, wenn wir unseren Kindern ohne Überheblichkeit beibringen, wie friedliches Zusammenleben auf Augenhöhe funktioniert. Oder sogar umgekehrt von Babies lernen, dass Vorurteile, Rassismus und Intoleranz nicht angeboren sind, sondern erlernt!
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